Feuchte-technische Berechnungen beschränken sich auch heute noch weitestgehend auf die Anwendung des sogenannten „Glaser-Verfahrens „. Unter Zuhilfenahme einer stationären Diffusionsberechnung und einfacher Algorithmen werden über fest definierte Zeiträume (standort-unabhängig) ermittelt und bilanziert
- Tauwassermengen und
- mögliche Verdunstungsmengen
In der Regel werden dabei in Deutschland nach DIN 4108-3 die definierten Zeiträume und zugehörigen konstanten Klima-Randbedingungen verwendet. Neben der reinen Wasserdampf-Diffusion werden danach nicht berücksichtigt
- zeitlich veränderliche, reale Klima-Randbedingungen und
- weitere elementare Feuchte-Transportvorgänge (wie z.B. die Sorptionsfähigkeit der Baustoffe)
Diese stationären Berechnungen unter nicht realitätsnahen klimatischen Randbedingungen liefern aufgrund ihrer starken Vereinfachung keine besonders aussagekräftigen Ergebnisse für den Feuchte-Schutz im Bauwesen.
Seit der Einführung des Verfahrens nach Glaser (in den 1950er Jahren) war dieses für die damaligen Möglichkeiten zur Berechnung solcher feuchte-technischer Vorgänge ein brauchbares Abschätzungsverfahren (je nach Material und Bauteil auch auf der sicheren Seite liegend).
Heutzutage ist dies jedoch nicht mehr SdT, da durch die Forschung und Rechnerleistungen weitaus genauere, sowie umfangreichere (und damit wesentlich realitätsnähere) Berechnungsverfahren zur Verfügung stehen. Dies gilt besonders für die Verwendung von (im Bauwesen üblichen) sorptionsfähigen sowie kapillaraktiven Materialien.
Untersuchungen und praktische Erfahrungen zeigen, dass einfache überschlägige Abschätzungen wie z.B. mit dem Glaser-Verfahren nicht ausreichen, um die komplexen Zusammenhänge und deren Auswirkungen auf die Schadensfreiheit der Bauteile sicher beurteilen zu können.
Obwohl eine nach Norm tolerierbare Tauwassermenge (bzw. eine erhöhte Materialfeuchte) auch wieder aus der Konstruktion entweichen kann, garantiert dies nicht automatisch die Freiheit von Schäden, wie z.B. Schimmelpilze oder Ausblühungen innerhalb von Konstruktionen aus unterschiedlichen Baumaterialien.
Dies gilt insbesondere auch bei einer notwendigen Planung von Innendämmungen (auch im Dachbereich), wo aufgrund einer kritischeren Temperaturverteilung besondere Vorsicht geboten ist (vgl. hierzu auch die WTA-Merkblätter für denkmalgeschützte Gebäude, in denen ausführlich auf die Notwendigkeit genauerer Berechnungsverfahren und Vorgehensweisen verwiesen wird).
Auch in der DIN 4108-3 (die oftmals als Grundlage oder Rechtfertigung für die Anwendung des „Glaser-Verfahrens“ genannt wird) wird auf genauere Verfahren zur Feuchte-Berechnung von Konstruktionen hingewiesen.
- Dort heißt es bzgl. der Klima-Randbedingungen:
„In nicht klimatisierten Wohn- und Büroräumen sowie in Gebäuden mit vergleichbarer Nutzung können der Berechnung die vereinfachten Annahmen zu Grunde gelegt werden. Unter anderen Bedingungen … sind das tatsächliche Raumklima und das Außenklima am Standort des Gebäudes mit deren zeitlichem Verlauf zu berücksichtigen „. - Und weiter heißt es bzgl. des Berechnungsverfahrens:
„Sind nach vorliegender Norm die Auswirkungen des tatsächlich gegebenen Raumklimas und des Außenklimas am Standort des Gebäudes auf den Tauwasserausfall und bei der Ermittlung der flächenbezogenen Tauwassermenge mit zu erfassen, so ist ein modifiziertes, auf diese Klimabedingungen abgestimmtes Berechnungsverfahren anzuwenden„.
Aus den genannten Gründen verwendet unser Programm dyAna für die feuchte-technischen (hygrothermischen) Berechnungen der Bauteilkonstruktionen ein allgemeines Berechnungsverfahren, welches
- sowohl die reinen Diffusionsvorgänge,
- als auch die damit gekoppelten Sorptionsvorgänge (Feuchte-Speicherfähigkeiten) der Materialien instationär berücksichtigt.
Hierzu werden verschiedene feuchte-relevante Klima-Szenarien hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Feuchte-Verhalten der Konstruktionen untersucht.
Das so berechnete Verhalten der Konstruktionen lässt eine sichere Beurteilung des Feuchtigkeitseinflusses auf die Schadensfreiheit und Gebrauchstauglichkeit der Konstruktionen zu.
Insbesondere bei denkmalgeschützten Fassaden kann die instationäre Berechnung eine klare Aussage treffen, wie sinnvoll die geplante Sanierungsmaßnahme ist.
aaRdT
allgemein anerkannte Regeln der Technik
DIN 4108-3
Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 3: Klimabedingter Feuchteschutz – Anforderungen, Berechnungsverfahren und Hinweise für Planung und Ausführung
SdT
Stand der Technik
WTA
Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege e.V.